TOPOS 21

Menschenrecht


Inhalt

REFERATE

Hans Heinz Holz: Die regulative Idee des Menschenrechts

Hermann Klenner: Apriorität, Historizität und Aktualität der Menschenrechte

Gregor Schirmer: Völkerrecht und Durchsetzung der Menschenrechte. Humanitäre Militärintervention und Krise des Völkerrechts

Gerhard Stuby: Zum »Grund« der Universalität von Menschenrechten im Völkerrecht

Peter Römer: Globale Gesellschaft, Privateigentum und Staat

Alfred J. Noll:
»Wiedergutmachung« als Möglichkeit


Abstracts

Hans Heinz Holz: Holz is constructing a universal notion of human rights rooted in anthropology and ontology as opposed to a historistic and nominalistic conditioning of human rights.

Holz mette a punto una concezione universale dei diritti umani con premesse antropologiche e ontologiche, contro una relativizzazione storica e nominalistica dei diritti umani.

Hermann Klenner: In view of human rights Klenner examines the connection and difference between apriority and historical conditioning, actualizing this problematic matter in regard to the divergence of individual human rights and so-called (social) state destinations.

Klenner indaga per i diritti umani il nesso e la differenza tra apriorità e storicità, e attualizza questa problematica relativamente alla divergenza tra diritti fondamentali borghesi e cosiddetti fini statuali (sociali).

Gregor Schirmer: Schirmer demonstrates that violation of international right results in a permanent annihilation of human rights which were originally rooted in international right.

Schirmer mostra come la rottura del diritto internazionale porti alla conseguente distruzione dei diritti umani che su quello si fondavano.

Gerhard Stuby: Stuby bases the universality of human right on international law and emphazises its foundation on the unconditioned observation of proclaimed guarantees irrespective of differences in interpretation.

Stuby àncora l’universalità dei diritti umani nel diritto internazionale e mette in luce come questo si basi sull’imprescindibile mantenimento delle garanzie dichiarate, a prescindere da qualsiasi differenza esistente.

Peter Römer: Römer analyses the national state’s role in the context of globalisation and examines the new structures of its manipulation.

Roemer analizza il ruolo dello stato nazionale nella globalizzazione e indaga sulle nuove strutture della sua strumentalizzazione.

Alfred J. Noll: Noll actualizes Wilhelm Raimund Beyer’s conception of the post-WW II issue on »reparation(s)«, reflecting the legal theory and political practice in view of Beyer’s criteria.

Noll analizza il contributo di Wilhelm Raimund Beyer sulla questione del »risarcimento« del dopoguerra e illustra a partire dallo spunto di Beyer teoria giuridica e prassi politica.


Editorial

Am 2. Mai 2002 wäre Wilhelm Raimund Beyer, der 1955 die Hegel-Gesellschaft gründete und sie über mehrere Jahrzehnte zu großer internationaler Resonanz führte, hundert Jahre alt geworden. Es gebührt sich, diesem Manne, der sich um die Erhaltung progressiver Traditionen in den finsteren Jahren des Kalten Krieges hohe Verdienste erworben hat, ein Gedenken zu widmen. War der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in der zweiten Lebenshälfte auch die Hegel-Forschung und die wissenschaftliche Organisation des von Hegel ausgehenden Philosophierens, so liegt seine ursprüngliche Leistung doch im Gebiet der Rechtstheorie und Rechtsphilosophie; und auch später hat er die Herkunft aus der Jurisprudenz nie verleugnen können und wollen.

Das Centro di Studi Filosofici S. Abbondio hat daher zur Erinnerung des hundertsten Geburtstages von Wilhelm R. Beyer die Rechtsphilosophie ins Zentrum eines Symposiums gestellt, das, von Alfred Noll und Hans Heinz Holz vorbereitet, im Juli 2002 stattfand. Es wäre nicht im Sinne des Geehrten gewesen, ein Gedenken als Rückblick zu verstehen. Erstes Gebot seines eigenen Denkens war es immer, daß Wissenschaft aktuell sein müsse. Angesichts des schamlosen Mißbrauchs der Menschenrechtsideologie durch jene, die nicht einmal bereit sind, die elementaren Regeln des Völkerrechts zu respektieren, entsprach das Thema des Symposiums »Menschenrecht und Völkerrecht« dem ideologiekritischen und rechtskritischen Impetus, der von Beyer ausging. Der Einsatz von Napalm im Irak, die Gefangenhaltung von Menschen außerhalb jeder Rechtsordnung in den Käfigen von Guantanamo, die imperialistische Arroganz, für die eigenen Soldaten die Indemnität vor dem Internationalen Gerichtshof für Kriegsverbrechen zu fordern und zu erpressen, sind Anlaß genug, im Augenblick der Zerschlagung von Völkerrechtsregeln über den Sinn von Menschenrechtspostulaten nachzudenken. Die Referenten des Symposiums, international hoch geschätzte Juristen, waren in der einen oder anderen Weise Wilhelm R. Beyer verbunden und gern bereit, sich zu seinen Ehren und in seinem Geiste zu versammeln.

Ihre Analysen zeichneten übereinstimmend ein uneinheitliches Bild des Rechtszustands der Weltgesellschaft. Menschenrechte bleiben wohlmeinende Moralgrundsätze, wenn sie nicht als Normen in positive Rechtsordnungen integriert werden - sei es im System völkerrechtlicher Verträge, sei es als Bestandteile nationaler Verfassungen. Das klassische Völkerrecht erwächst aus der freiwilligen Bindung souveräner Staaten auf der Grundlage formaler Gleichheit als eine gegenseitige Machtbegrenzung. Im Prozeß der Entwicklung einer Weltgesellschaff, der »Globalisierung«, entstehen Ungleichgewichte zwischen den wirtschaftlich und militärisch mächtigen Staaten und den faktisch abhängigen Ländern. Der Kooperationscharakter des bisherigen Völkerrechts gerät damit in eine Krise; Normen werden durch Gewaltanwendung des Stärkeren gesetzt und durchgesetzt. Wir leben in einer Übergangszeit zu einem neuen System der Weltorganisation, die durch widersprüchliche Tendenzen und Willkür geprägt ist. Daß die Grundlage einer universellen Geltung der Menschenrechte die Selbstbestimmung des Menschen und der Völker aus Vernunftgründen ist, kann heute nur als eine ideale Forderung und keineswegs als ein Ist-Zustand angesehen werden.

Wir erfahren täglich, wie weit die Menschheit noch von einer Humanität verbürgenden Weltrechtsordnung entfernt ist. Ehe das Jus gentium nicht von einer so selbstverständlichen Positivität ist wie die Straßenverkehrsordnung, werden auch die Menschenrechte nur eine normative Idee sein, deren Wirklichkeit von der politischen Kraft jener abhängt, die ihr Wollen und ihren Einsatz unter das Motto gestellt haben: Die Internationale erkämpft das Menschenrecht!

Die Referate werden auch, ergänzt um biografisch-wissenschaftsgeschichtliche Würdigungen Wilhelm R. Beyers und eine ausgebreitete Dokumentation aus seinen Schriften, als Band 18 der Reihe »dialectica minora« des Centro di Studi Filosofici S. Abbondio im Verlag für Philosophie Jürgen Dinter, Köln, erscheinen.

Gerade als diese Nummer zur Druckerei abgehen sollte, erreicht uns die schmerzliche Nachricht, daß Peter Hacks gestorben ist. Ein Dichter, der aus dem Geiste der Gegenwart die Formstrenge der Klassik erneuerte, ein Essayist, dessen spitze Polemik Palisaden gegen die Feinde der Vernunft errichtete, ein Kommunist, der in der Stunde der Niederlage nicht wankte, ist von uns gegangen. Sein Wort bleibt, seine Stimme wird uns fehlen. Topos wird seiner in einer der folgenden Nummern ausführlich gedenken.

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